Kontext
Die multilateralen EntwicklungsbankenGlobale Entwicklungsherausforderungen bewältigen
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen braucht es ein koordiniertes Vorgehen der internationalen Gemeinschaft. Die multilateralen Entwicklungsbanken (MDBs) nehmen dabei eine Schlüsselrolle ein.
Botschafter Dominique Paravicini
Leiter SECO Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Der Rahmen der internationalen Zusammenarbeit
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen orientiert die nationalen und internationalen Anstrengungen, um die globalen Entwicklungsherausforderungen zu lösen.
Das Pariser Klimaabkommen zielt darauf ab, die durchschnittliche Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter 2 °C zu halten.
Fortschritte und künftige Herausforderungen
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, des Klimawandels und der russischen Aggression gegen die Ukraine bedrohen jedoch diese Fortschritte.
Die multilateralen Entwicklungsbanken sind u.a. in folgenden Bereichen tätig:
Die MDBs
Stärken und Vorteile
Organe der MDBs Gouverneursrat
Bei der Weltbank amtet Bundesrat Guy Parmelin als Gouverneur der Schweiz und Bundesrat Ignazio Cassis als dessen Stellvertreter.
Exekutivrat
Die Hauptaktionäre haben einen ständigen Sitz im Exekutivrat, während kleinere Aktionäre Stimmrechtsgruppen bilden.
Bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Weltbankgruppe und der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank leitet die Schweiz ihre jeweilige Stimmrechtsgruppe.
Management
Funktionsweise
Ländermitgliedschaft
Dank der finanziellen Absicherung durch die Mitgliedsländer erhalten die MDBs, an denen sich die Schweiz beteiligt, das höchste Kreditrating. Dadurch können sie zu günstigen Konditionen Kredite aufnehmen und diese ihren Kunden zu attraktiven Bedingungen weitergeben.
Mehr als nur Kredite
Die Aktivitäten der MDBs reichen jedoch weit über die Kreditvergabe hinaus. Sie verfügen über Expertise sowie umfangreiche operative Kapazitäten und sind in vielen Ländern präsent. Die MDBs bieten ihren Kunden etwa Beratungsleistungen, um Projektergebnisse nachhaltiger zu gestalten.
Dank diesen Vorteilen sind MDBs glaubwürdige Partner. Sie kombinieren globale Strategien mit länderspezifischen Lösungen.
Zuschüsse für die ärmsten Länder
Die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA) ist ein Fonds der Weltbankgruppe für die ärmsten Länder und wird alle drei Jahre aufgestockt. Die Schweiz hat für die 20. Aufstockung dieses Fonds 725 Millionen US-Dollar für den Zeitraum 2022–2025 bereitgestellt.
Dieser Beitrag wird eingesetzt, um die Armut zu bekämpfen und die Folgen der multiplen Krisen in den 74 ärmsten Ländern der Welt zu bewältigen.
Projektzyklus
Risiken überwachen
Die Projekte werden mehrmals im Jahr vor Ort begutachtet. Dazu gibt es öffentliche Beschwerdemechanismen, welche die Projekte zusätzlich überwachen. Ausserdem finden einmal pro Jahr interne und externe Finanzaudits statt.
Verstösst ein Projekt gegen die Kriterien einer Bank kann der Verwaltungsrat Massnahmen und Entschädigungen für die betroffenen Parteien fordern oder das Projekt sistieren.
Zusammenarbeit zwischen MDBs und Mitgliedsländern
Auch die Schweiz unterstützt solche Aktivitäten auf regionaler, nationaler oder globaler Ebene. Sie kann so ihren Einfluss in den MDBs stärken. Auf diese Weise fliessen die Expertise und die Erfahrung anderer Geber und der MDBs in die bilaterale Zusammenarbeit der Schweiz ein.
Schweizer Prioritäten
Gemeinsame Verantwortung
Das WBF koordiniert die Aktivitäten der Schweiz und stellt den Gouverneur. Die beiden Departemente legen gemeinsam die Positionen der Schweiz in den Führungsorganen der MDBs fest.
Prioritäten der Schweiz als Aktionärin
Die Schweiz ermutigt die MDBs, die höchsten internationalen Umwelt-, Sozial- und Gouvernanz-Standards anzuwenden und weiterzuentwickeln.
Ferner setzt sich die Schweiz dafür ein, dass die MDBs über genügend Kapital verfügen, damit sie ihre hohe Kreditwürdigkeit beibehalten.
Das Engagement der Schweiz als Geberin
Zusätzlich wirken bilaterale Kooperationsprogramme so besser, da innovative Ansätze verfolgt, Synergien genutzt und politische sowie institutionelle Reformen angestossen werden.
Überblick
Drei Leitstrategien
Aussenpolitische Strategie
Durch Allianzen mit anderen Ländern kann die Schweiz Hebeleffekte schaffen und ihren Einfluss vergrössern. Die Schweiz engagiert sich zusammen mit gleichgesinnten Ländern in den Entscheidungsorganen der MDBs, um Standards beispielsweise in den Bereichen Klima, Menschenrechte und Gleichstellung zu fördern.
Die Schweiz will zudem strategische Partnerschaften vertiefen und das multilaterale System an neue Voraussetzungen und Technologien anpassen.
Internationale Zusammenarbeit Strategie
Dank ihrer Finanzierungsmöglichkeiten und ihrem Fachwissen ermöglichen die MDBs es der Schweiz, sich in grossem Umfang an Entwicklungsinitiativen zu beteiligen. Somit ergänzen sie die Schweizer Aktivitäten im Bereich der internationalen Zusammenarbeit und erhöhen ihre Reichweite.
Strategie zur Aussenwirtschaftspolitik
Die Schweiz setzt sich bei allen Aktivitäten der MDBs für gute Gouvernanz und somit auch für die Bekämpfung von Korruption sowie für die Förderung sozialer Inklusion und von Chancengleichheit ein.
Projekte der MDBs bieten Schweizer Unternehmen die Möglichkeit, neue Märkte zu erschliessen. Als Vermittlerin hilft die Schweiz bedeutenden Schweizer Akteuren bei der Kontaktaufnahme mit den MDBs. Zudem fördert sie die Anstellung von Schweizerinnen und Schweizern in den Institutionen und unterstützt den Austausch mit Schweizer Expertinnen und Experten in den Bereichen Wissenschaft und Technologie.
Einzigartiges Finanzierungsmodell
Die Grafik zeigt die von den MDBs gewährten Darlehen im 2021.
Thematische Expertise
So haben die MDBs beispielsweise ihre Aktivitäten auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens abgestimmt. Sie haben einheitliche Finanzierungsmodelle für Klimaprojekte im privaten sowie im öffentlichen Sektor geschaffen.
Die Weltbankgruppe publiziert die Country Climate and Developments Reports. Diese liefern Ländern Analysen und zeigen ihnen auf, wie sie dem Klimawandel begegnen und gleichzeitig ihre Entwicklung vorantreiben können.
Präsenz
Sie haben erhebliche Mittel bereitgestellt, um den Entwicklungsländern zu helfen, die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Die Weltbankgruppe etwa hat ihren Kunden dafür mehr als 200 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt.
Akteure zusammenbringen
So amtet die Weltbankgruppe beispielsweise als Treuhänderin des Klima-Investitionsfonds Climate Investment Funds (CIF). Dieser ist einer der weltweit grössten multilateralen Fonds für die Anpassung an den Klimawandel und die Abfederung seiner Auswirkungen in Ländern mit tiefen und mittleren Einkommen. Der CIF vereint die wichtigsten MDBs, Regierungen, den Privatsektor, die Zivilgesellschaft und lokale Gemeinden.
Der CIF hat bisher 398 Projekte genehmigt, deren Finanzierung sich auf insgesamt 7,5 Milliarden US-Dollar beläuft.
Politischer Dialog
So führt die Weltbank einen politischen Dialog mit hochverschuldeten Ländern, um ihre Schulden umzuschichten und den Druck auf die öffentlichen Finanzen zu verringern.
Die Debt Management Facility ist ein von mehreren Gebern finanzierter Treuhandfonds der Weltbank. Dieser Fonds stellt Beratungs-, Schulungs- und Ausbildungsangebote zum Thema Schuldenmanagement bereit. Er hat mitgeholfen, das Schuldenmanagement in über 75 Ländern mit tiefen und mittleren Einkommen zu verbessern.
Standards
Die Leistungsstandards der Internationalen Finanz-Corporation beispielsweise wurden von mehr als hundert Finanzinstituten und Ländern übernommen.
Poverty
Armutsbekämpfung
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben jedoch Millionen von Menschen wieder zurück in die Armut getrieben. Die aufgrund der russischen Aggression gegen die Ukraine verursachte Energie- und Nahrungsmittelkrise verstärkt diese negative Entwicklung. Mit multilateral koordinierten Massnahmen lassen sich diese Krisen überwinden und Rückschritte bei der Entwicklung vermeiden.
Electricity access
Zugang zu Elektrizität
Heute ist das anders: Mehr Menschen als je zuvor werden mit Strom versorgt. In Asien haben seither beinahe 1,2 Milliarden Menschen Zugang zu Elektrizität erhalten. In Afrika wurden zwischen 2014 und 2019 durchschnittlich 24 Millionen Menschen jährlich neu ans Stromnetz angeschlossen.
Die MDBs unterstützen den Einsatz von erneuerbaren Energien und Energieeffizienzmaßnahmen, um den Zugang zu Energie zu fördern und gleichzeitig die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten.
Climate change
Klimawandel
Länder müssen viel Geld investieren, um sich an das veränderte Klima anzupassen und den Klimawandel einzudämmen. MDBs spielen dabei eine entscheidende Rolle, indem sie Fachwissen und Klimafinanzierung bereitstellen.
Women education
Bildung für Frauen
Weltweit stieg die Alphabetisierungsrate bei über 15-jährigen Frauen zwischen 1970 und 2020 von 60 auf 80 Prozent.
Heutzutage gehen allerdings noch immer schätzungsweise 129 Millionen Mädchen nicht zur Schule. Zudem beeinträchtigte die Corona-Pandemie weltweit den Zugang zu Bildung und deren Qualität.
MDBs tragen dazu bei, Millionen von Frauen den Zugang zu Bildung zu ermöglichen.
World Bank Group
Zum AnfangInternationale Finanz-Korporation
So unterstützte die Schweiz beispielsweise das Projekt Crop Receipts in der Ukraine. Dieses erleichtert Kleinbäuerinnen und Kleinbauern den Zugang zu Finanzmitteln, um die Aussaat zu finanzieren. Bisher wurden für ukrainische Kleinbäuerinnen und Kleinbauern insgesamt 1,2 Milliarden US-Dollar bereitgestellt.
Befreiung usbekischer Baumwolle von systematischer Zwangsarbeit
AfDB
Die Afrikanische Entwicklungsbank
Die Bank besteht aus zwei Einheiten:
Die Afrikanische Entwicklungsbank bietet langfristige Finanzierungen und Beratungen für Länder mit mittlerem Einkommen und für den Privatsektor.
Der Afrikanische Entwicklungsfonds (AfDF) stellt technische Unterstützung und Finanzierung für die ärmsten Länder Afrikas in Form von Zuschüssen und vergünstigten Darlehen bereit.
Nachhaltiges Wachstum in Afrika ankurbeln
Die Schweiz beteiligt sich u.a. mit 3 Millionen Franken an dem Projekt Boost Africa Innovation and Entrepreneurship Lab der AfDB. Dieses verbessert die Zusammenarbeit zwischen regionalen und lokalen Akteuren im Privatsektor, um Innovationen zu fördern und Investitionsmöglichkeiten zu schaffen.
EBRD
Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
So haben die Schweiz und die EBRD beispielsweise durch die Unterstützung der Sewedy Technical Academy in Kairo die dualen Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen verbessert.
AIIB
Die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank
Die AIIB hat sich ein ehrgeiziges Klimafinanzierungsziel gesteckt: Bis 2025 sollen 50 Prozent des Investitionsvolumens für Klimaprojekte bereitgestellt werden. Die AIIB ist auf gutem Weg, dieses Ziel zu erreichen.
So finanzierte die AIIB beispielsweise das Ibri II Solar Photovoltaic Project in Oman. Die Anlage produziert 500 Megawatt Solarstrom, wodurch Oman seine Abhängigkeit von Öl und Gas reduzieren kann.
AsDB
Die Asiatische Entwicklungsbank
Die Asiatische Entwicklungsbank stellt Kredite für den öffentlichen und den privaten Sektor bereit.
Der Asiatische Entwicklungsfonds (AsDF) gewährt Zuschüsse und subventionierte Kredite zur Unterstützung der ärmsten und fragilsten Mitgliedsländer.
Die Schweiz und der Asiatische Entwicklungsfonds
IDB
Die Interamerikanische Entwicklungsbank
Die IDB stellt den Regierungen Kredite, Zuschüsse und technische Unterstützung zur Verfügung.
Die IDB Invest bietet dem Privatsektor Finanzierungsmöglichkeiten und technische Unterstützung an.
Das IDB Lab fördert besonders risikoreiche Innovationen und Pilotaktivitäten zur Stimulierung des Privatsektors.
Die IDB und die Schweiz arbeiten beispielsweise seit 2021 zusammen, um die dringenden Probleme im Zusammenhang mit der Migration aus Venezuela nach Kolumbien anzugehen. Ein Schweizer Beitrag von 7,5 Millionen US-Dollar trägt dazu bei, die Arbeitsvermittlung sowie den Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen für gefährdete Gemeinschaften zu verbessern.